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Inge von Bönninghausen zum 80. Geburtstag

Inge von Bönninghausen

Inge von Bönninghausen (Foto: Frauke Langguth)

Am 20. September feiert Inge von Bönninghausen, Mitgründerin des Journalistinnenbundes und langjährige Vorsitzende,  ihren 80. Geburtstag. Im Namen aller Frauen des jb gratulieren wir ihr mit einem bunten, ganz individuellen Geburtstagstrauß ihrer zahlreichen klugen, spitzzüngigen und immer wieder auch hintersinnigen Zitate und Äußerungen.

Wie es sich für ihr kämpferisches Herz gehört, wünscht sie sich von denen, die ihr etwas schenken wollen, ganz einfach: „Adopt a Revolution“. Das ist eine NGO, die zivilgesellschaftliche Gruppen unterstützt, die bewusst in Syrien bleiben, um vor Ort Frauen und Mädchen zu unterstützen, Fact News zu verbreiten, Unterricht zu organisieren. Alles Genauere über die Projekte unter www.adoptarevolution.org. Der Vorstand erfüllt Inges Wunsch gern – wenn Du privat ebenfalls noch etwas in den Topf werfen magst, bist Du dazu ebenfalls herzlich eingeladen. Angesichts der Lage und der drohenden erneuten Eskalation in Syrien ein Tropfen, aber beginnen so nicht Wellen?Der direkte Link zum Spendenkonto findet sich hier: https://www.adoptrevolution.org/spenden/


WDR5 widmete Inge anlässlich ihres Geburtstags am 6.9.2018 eine Sendung

„Mein Verständnis von Feminismus ist, bei allem und jedem, immer die Frage zu stellen: ‚Und was bedeutet das für Frauen?‘“

Inges Mutter hatte mit 28 Jahren bereits vier Kinder. Was sie nicht davon abhielt, ein sehr eigenständiges, selbstbewusstes Leben zu führen. „Ein gutes Stück hat mich meine Mutter geprägt. Ich glaube, sie war ziemlich ungern Hausfrau.“

Inges Eltern fuhren bereits in den frühen 50er Jahren in die USA und waren begeistert von der Freiheit, die sie dort spürten. Nach ihrer Rückkehr gingen viele in- und ausländische Gäste bei Inges Eltern ein und aus. Das faszinierte den wissbegierigen Teenager. „Ich wollte immer mit der Nase dabei sein, also nicht nur ‚guten Tag‘ sagen – das war ja sozusagen Anstandspflicht – sondern am liebsten die ganze Zeit mit dabei sitzen, ich wollte wissen, was die reden. Ich hab mich da nicht eingemischt, aber ich fand das total spannend!“

Inge war gegenüber den Themen der Alternativen Bewegung, die sich Anfang der 70er Jahre entwickelte, in der Programmgestaltung sehr aufgeschlossen, aber: „Das war immer so eine Zwischenposition. Ich war nicht wirklich bei den Projekten wie Buchladen oder Frauenhaus oder was da so alles in dieser Zeit entstand. Ich war eher die, die darauf achtete, dass drüber berichtet wird in einer Institution, die das alles eigentlich unwichtig fand.“

1980 konnte Inge als Redaktionsleiterin völlig unabhängig über die Auswahl und Gestaltung der Themen in ihrer Sendung Frau TV entscheiden – damals die erste dezidiert feministische Frauen-Sendung. „Alternative Bildungsprojekte, Frauenrechte weltweit, die Pille, AIDS, Gewalt gegen Frauen, und natürlich § 218. Das war ein wirklich optimales Thema für eine Bewegung. Da konnten ganz viele Frauen mitmachen, die nie abgetrieben hatten, für die aber klar war, hier geht es um mein Selbstbestimmungsrecht.“

1987: Inge gründet mit einigen Kolleginnen den jb.

1999 übernahm Inge nach ihrem Ausscheiden aus dem WDR den Vorsitz im Deutschen Frauenrat, den sie acht Jahre lang innehatte. „Wenn man mir 20 Jahre früher gesagt hätte, ich werde mal Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, hätte ich wahrscheinlich gesagt, ‚fällt Dir sonst noch was Absurdes ein?‘ Weil der ja nun wirklich weit weg war von der Autonomen Bewegung. Aber die Bewegung war ja nicht nur auf der Straße, die Projekte hatten sich zum Teil verselbstständigt, überlebten oder auch nicht, und ich hatte das Gefühl, wenn also frauenpolitisch hier was weitergehen soll, dann ist das ein guter Ort! … Das war ein richtig großer Gewinn, nicht mehr über Politik zu berichten, sondern zu versuchen, sie zu verstehen und zu beeinflussen!“

(Quelle: https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-neugier-genuegt-das-feature/audio-frauenfragen—inge-von-boenninghausen-100.html, mitgeschrieben von Angelika und Dana)


„Der Feminismus ist meine politische Heimat, der Journalismus mein Beruf.“
(Inge von Bönninghausen im Interview mit dem Watch-Salon im vergangenen Sommer)
Zitat erinnert von Rebecca Beerheide


Mir fällt dieses ein zu Inges charakteristischen Sätzen: Es war bei einem Medienfrauentreffen, in meiner Erinnerung 2007 beim HR. Titel: „Junge Talente oder aus Erfahrung gut“. Die Gleichstellungsbeauftragten gaben in Kurzform einen Bericht zur Lage und zu Projekten in ihren jeweiligen Sendern. Als ich den Mangel an Solidarität unter den SWR-Kolleginnen in den verschiedenen Berufsbereichen als ein „selbst errichtetes Zusatz-Hindernis“ auf dem Parcours der beruflichen Chancengleichheit kritisierte, warf Inge ein: „Heißt das etwa, nur weil wir Frauen sind, müssen wir auch immer einer Meinung sein? Das wäre ja schrecklich. Für mich ist das Wichtigste, umfassend informiert zu sein und die eigene Position konsequent durchdacht zu haben, bevor ich den Mund aufmache. Das ist manchmal zäh und mühsam, aber für kluge Ideen finden sich dann immer auch kluge Mitstreiterinnen!“
Angelika


Wenn Inge auf etwas empfindlich reagiert, dann, wenn sie merkt, dass jemand andere Absichten verfolgt, als er oder sie vorgibt. Deshalb ist dieser Zwischenruf, den sie mal bei einer unserer hitzigen jb-Diskussionen von sich gab, für mich untrennbar mit ihrem Wesen verbunden: „Ich lasse mich nicht instrumentalisieren!“
Erinnert von Dana Savić


Wenn Inge in Hochform ist, wird sie sarkastisch, beißend spöttisch und scharfzüngig. Einst, im Juni 2010, saßen 30 jb-Kolleginnen anlässlich einer Pressereise in Berlin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und lauschten dem christdemokratischen Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Hermann Kues, der mit stolzgeschwellter Brust den neuesten Coup seiner Ministerin „Röschen“ alias UvdL verkündete: Zur besseren Vereinbarkeit von „Blablabla“ habe sich die Bundesregierung auf ein wegweisendes Elterngeld- und Elternzeitgesetz geeinigt, damit die gut ausgebildeten und studierten Frauen nicht nur dem Arbeitsmarkt erhalten blieben, sondern auch wieder mehr Kinder gebären. So, wie es die Französinnen vormachten. Die gut dotierte Prämie und das Zeitsoll für Väter sollte Anreiz genug sein, meinte die damalige Regierung.

Doch da war die schlaue Inge: feministisch gestählt, analytisch und scharfsinnig. Wo denn die vielen Knirpse nach 12+2 Elternzeit bleiben würden? Ausreichend Betreuungsplätze könne sie im Entwurf nicht erkennen und ein Konzept dafür sei wohl nicht mit angedacht? Ob die lieben Kleinen denn nach 14 Monaten von den Müttern oder Vätern mit zur Arbeit genommen und dort in ein Sicherheitsgeschirr an die Wand genagelt würden, wo sie lustig auf- und niederhüpfen könnten, während Mutter oder Vater ihren Job erledigten? Ich sehe seitdem bei Tagungen oder Konferenzen, in Ministerien und Büros – immer wenn meine Gedanken mal abschweifen – fröhlich-plappernde Kleinkinder an den Wänden in gummi-elastischen Sicherheitsgurten auf- und niederhüpfen.
Ina Krauß


Sie sagte einmal, ich weiß leider nicht mehr bei welcher Gelegenheit:
„Hätte ich Hedwig Dohm früher gekannt, was hätte ich mir an feministischer Lektüre alles sparen können! Sie hat ja schon alles gesagt, was wichtig ist.“
Erinnert von Elisabeth Ehrhorn


Inge von Bönninghausen, die am gleichen Tag wie Hedwig Dohm am 20. 09. Geburtstag hat, moderierte die festliche Enthüllung des Gedenksteins für Hedwig Dohm 2007 auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Der jb hatte die Patenschaft für die Grabstätte übernommen. Angesichts der momentanen Ehrengrab-Übernahme und der zahlreichen Veranstaltungen zum 100-jährigen Frauenwahlrecht erhält ihre persönliche Wertschätzung unserer jb-Patronin geradezu einen aktuellen Bezug …

Zitat Inge: „Aus dem immensen Werk von Hedwig Dohm wurden unglaubliche Schätze gehoben und uns zugänglich gemacht.“ Umfangreiche Nachforschungen „haben dazu beigetragen, dass wir heute so viel über unsere Vorfahrinnen wissen.“
Marlies Hesse


Das schaffen wir!
Eine Deiner überzeugendsten Ideen hast Du mit dem schlichten Satz „Das schaffen wir!“ eingeleitet. Das war im Sommer 1998, vor 20 Jahren, als Du in der Redaktion meintest: „Wir können doch einen ganzen Tag und eine ganze Nacht WDR-Fernsehen ausschließlich mit, über und von Frauen machen? Spielfilme, Gesprächsrunden, Reportagen, Livemusik, Kabarett, politische und historische Dokumentationen – alles aus Frauenhand und Frauenperspektive. Von 10.00 vormittags bis 5.00 nachts.“ Dass der kurze Satz „Das schaffen wir!“ später zum geflügelten Wort rund um eine Bundeskanzlerin werden würde, ahnten wir damals nicht.

Dass Du aber bereit sein würdest, nicht nur den Intendanten und Fernsehdirektor zu überzeugen, sondern auch sämtliche Abteilungs- und Programmbereichsleiter, daran zweifelte ich nicht. Und so wurde der 7. März 1999 zum „Jahrhundert der Frauen“. Ein unvergessener Tag und eine ebensolche Nacht, in der tatsächlich fast 24 Stunden lang ausschließlich Frauen das Wort hatten – und im Bild waren: Politikerinnen, Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen, Schauspielerinnen, Journalistinnen – und alle kamen in die Zeche Zollverein. Danke für diese Deine Kraft und das Vorbild, das Du mir über so viele Jahre geschenkt hast. Alles Gute zum Geburtstag! Deine Andrea


Immer, wenn es um tatkräftige Unterstützung ging, brachte Inge das gesuchte Profil auf den Punkt:
„Wir brauchen eine, die auch bereit ist, Zwiebeln zu schälen.“
Erinnert von Dana Savić


Inge hat mich 1993 für die damals neu eingerichtete Geschäftsstelle eingestellt und mir 20 intensive und tolle Jahre mit dem jb ermöglicht. Dafür danke ich ihr.
Karin Tippmann


„Der inzwischen eingedeutschte Begriff Gender suggeriert zwar, dass das soziale und nicht das biologische Geschlecht gemeint ist, tatsächlich aber liegt die Gefahr nahe, dass Geschlechterstereotypen verfestigt statt überwunden werden. Dafür bietet ein schönes Beispiel die oft gehörte Begründung für eine Quote, dass Frauen ‚weibliche Fähigkeiten‘ wie Empathie und Intuition einbringen. Das ist Doing Gender, die altbekannte Bindung sozialisierter Merkmale an das biologische Geschlecht.“
Inge von Bönninghausen: Einheit von Kopf und Bauch – Feminismus und Frauenbewegung, in: FrauenRat 6/2013.

Solange es die Zeitschrift FrauenRat gab, war Inge eine ihrer zuverlässigsten und gescheitesten Autorinnen. Schon aus diesem Grund war das Verschwinden des Blattes ein Verlust.
Ulrike Helwerth, von 2001 bis 2015 Redakteurin von FrauenRat                                    


Inge findet viele Anglizismen überflüssig. Da sie meistens damit recht hat, bemühe ich mich, so viele wie möglich wegzulassen, denn ich höre sie im Geiste: „Gibt es das auch in Deutsch?“
Erinnert von Dana Savić


„Ich kenne eine Lesbe …“

So hieß die Ausgabe der „Frauen-Fragen“, jenes feministische TV-Magazin, das Inge wie immer engagiert, gescheit, elegant und schön anzusehen moderierte. „Ich kenne eine Lesbe. Und Sie?“ fragte sie ihre Kollegin Viola Roggenkamp, und die antwortete: „Ich kenne Sie, Frau von Bönninghausen.“
Ich saß zu Hause und war fassungslos begeistert: Inge von Bönninghausen hatte soeben ihr eigenes Coming-out im öffentlich-rechtlichen WDR moderiert. Es war nur ein kurzer Moment in dieser Sendung, selbstbewusst, eher beiläufig formuliert, und im Jahr 1992, frau glaubt das heute kaum, eine echte Sensation: Maren Kroymann, Anne Will und Alice Schwarzer kamen sehr viel später ‚out‘.
Mädi


Nachdem wir den inhaltlichen Verlauf einer politischen Podiumsdiskussion Revue passiert hatten, schloss Inge unsere Nachbesprechung mit folgender Beobachtung einer Feministin in extremen High Heels ab: „Ja, sie war gut – aber diese Schuhe!!!“
Erinnert von Dana Savić


Inge von Bönninghausen ist immer topgestylt, eine elegante Erscheinung. Ich bin ihr nicht oft persönlich begegnet, in der Distanz Köln-Berlin. Aber es ist mir jedes Mal aufgefallen. Gern ein dunkler Blazer und flache Slipper, die zierliche Frau muss sich nicht mit Stöckelschuhen größer machen.
Einzig bei der Jahrestagung 2010 in Essen ist uns beiden ein Lapsus widerfahren, wir trugen beide das gleiche. Das fiel auf, weil wir als Teilnehmerinnen der Jury bei der Übergabe des Marlies-Hesse-Nachwuchspreises nebeneinanderstanden – beide in weißer Bluse und dunkler Weste, als ob es eine Uniform wäre. Ich hätte es wissen können, sie trug die Kombination oft und gern. Die Episode fiel mir wieder ein, als ich jetzt ihr Foto aus jungen Jahren für das WDR5-Feature von Renate Werner gesehen habe, mit Bluse und Weste. Bei anderen Gelegenheiten aber wählt sie gerne Ton in Ton: zum grünen Kleid die grünen Schuhe oder ganz in Flieder und Pink, die passenden Ohrringe dazu. Feine Stoffe, gerne Rock und Kleid und auch mal schicke Stiefel.
Mareice Kaiser, 2016 neu im jb und gleich beim Watch-Salon mitwirkend, fiel Inges Erscheinung bei ihrer ersten Begegnung auch sofort auf. Ihre Begeisterung beschreibt sie in ihrem Blogpost, Teil unserer Interviewserie mit jb-Kolleginnen zum 30-jährigen Jubiläum: „Wer war denn diese schicke Frau mit den kurzen Haaren?“, fragte ich nach einer Session beim Journalistinnenbund BarCamp 2016 eine andere Teilnehmerin. Die Antwort lautete: Inge von Bönninghausen. Im Interview fragt Mareice: „Ich war ad hoc beeindruckt von Dir. Von deinem Stil und davon, wie sehr du am Puls der Zeit bist, was Online-Medien angeht.“ Inges Antwort: „Erstmal freue ich mich, dass dir das Bild von mir gefallen hat – auch, weil es für mich nicht unwichtig ist. Mode macht mir einfach Spaß.“
Christine Olderdissen im Namen des Watch-Salon


„Nie standen die Frauen an ihrem gehörigen Platze,
weder nach der Ordnung der Natur noch nach dem Vertrag
der gesellschaftlichen Einrichtung …
Einmal sind wir alles und bald darauf nichts.
Aber ich habe eine Männerseele
und will auf keine Art Fesseln tragen.“

Das Zitat stammt von Charlotte von Stein (1742–1827) aus ihrem Drama Die zwei Emilien. Die Mutter von sieben Kindern war Hofdame der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar und gehörte zum Freundeskreis um Goethe. Das Frankfurter Goethehaus widmet dieser klugen und vielseitig begabten Frau z.Zt. eine Ausstellung. Das Zitat gab einer gerade eröffneten Ausstellung im Frankfurter Goethe-Haus den Titel: „Nie standen die Frauen an ihrem gehörigen Platze“.
Gisela Brackert