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Jeden Monat Eins: Johanna Soll und Eva Corell

Johanna Soll

Johanna Soll ist 37 als sie beschließt, dass es das jetzt war mit dem sicheren Job als Rechtsanwältin. Die Hamburgerin mit deutschem und US-amerikanischem Pass hat sich eine Auszeit in den USA genommen, beobachtet die Primaries der Demokraten – und wundert sich über die Berichterstattung deutscher Medien. „Die haben überwiegend das Framing der US Medien übernommen, das viel konservativer ist als in deutschen Leitmedien. Da habe ich mir gedacht: Ich kann das besser“. Im Sommer 2020 entscheidet sie sich für Journalismus als Vollzeitjob.

Sie beginnt für die taz, das neue deutschland und die Frankfurter Rundschau zu schreiben. Besonders stolz ist sie über einen Kommentar zu Kamala Harris in der taz, „weil ich sie trotz des Hypes schon früh kritisch gesehen habe, schon bevor sie eher in Ungnade gefallen ist“. Ihr Hintergrund als Juristin, sagt sie, hilft ihr, eine andere Perspektive auf politische Zusammenhänge einzunehmen. „Die Polizeimorde oder die Abtreibungsgesetze in den USA konnte ich schneller rechtlich einordnen, das hilft“. Seit September arbeitet sie als redaktionelle Mitarbeiterin bei Spiegel Online. „Ich merke natürlich, dass mir als Quereinsteigerin manchmal noch das Handwerkszeug fehlt“. Um das nachzuholen, hat sie nach ihrer Rückkehr nach Deutschland ein Fernstudium in Journalistik begonnen. In ein paar Jahren, davon träumt sie, möchte sie als Korrespondentin zurück in die USA.

 

Eva Corell

Das wäre auch einer der Posten, der ihre Mentorin Eva Corell nach 34 Jahren als Fernseh- und Hörfunkjournalistin noch reizen würden. Als Leiterin der Abteilung für Auslandstudios beim Bayerischen Rundfunk in München weiß sie, wie begehrt die Stelle ist. Aber schließlich war sie auch die erste Frau, die nach ihrem Sinologiestudium und einem Volontariat beim BR als Korrespondentin nach China gegangen ist. „Das war damals eine Männerwelt und ich war als Hörfunkkorrespondentin allein für dieses riesige Land zuständig. Mir hat geholfen, dass ich mir selbst etwas zugetraut habe, wusste wo meine Stärken und Schwächen liegen“. Was ihr zu dieser Zeit aber gefehlt hat, waren mehr weibliche Verbündete. „Jemand, der einem auch mal Mut zuspricht und bei dem man ganz offen sein kann, wenn man mal überfordert ist. Bei Männern hätte ich mir nie die Blöße gegeben, mich schwach zu zeigen“.

Johanna Soll war am Anfang überrascht, „dass es unter Journalistinnen manchmal wenig Solidarität gibt. Das kannte ich aus meinem Job als Juristin so nicht“. Mentorin und Mentee sind sich deswegen einig: Es braucht viel mehr Vernetzung unter Frauen in den Medien. Im Mentoring-Programm des journalistinnenbunds sehen sie deswegen eine große Chance. Gemeinsam wollen sie über nächste Schritte auf Johannas Weg zur Korrespondentin nachdenken. Von ihrer Mentorin erhoffe sie sich Einblicke darin, wie das Geschäft laufe und was für eine solche Karrieren sinnvoll sei. Das passt zu Eva Corells Erwartungen an das Programm: „Mir ist es wichtig, dass das keine reine Kontaktbörse ist, sondern wir gemeinsam strategisch überlegen, wie es bei Johanna weitergeht“.

Dabei legt die ehemalige Korrespondentin Wert darauf, auch die Solidarität zwischen verschiedenen Generationen von Journalistinnen zu stärken. „Ich habe mich im Medienfrauen-Netzwerk der ARD engagiert. Da waren einige Frauen 20 Jahre älter als ich, die haben gesagt, wir haben das alles erkämpft und jetzt seid ihr jungen Frauen so undankbar. Heute habe ich das Gefühl, diese Diskussion gibt es wieder.“ Doch von diesem Generationenkonflikt, findet Eva Corell, sollten sich Journalistinnen nicht beirren lassen. „Wir müssen die Konkurrenz hinter uns lassen und jenseits von Männerbünden unseren eigenen Weg finden, uns zu vernetzen“. Johanna Soll stimmt zu: „Ich wünsche mir, dass wir diese Ellbogenmentalität zum Teil hinter uns lassen“.

Johannas Kommentar zur US-Vizepräsidentin Kamala Harris könnt ihr hier lesen. Eva Corell ist besonders stolz auf dieses Feature über die Anfangsjahre von Angela Merkel, das sie in ihrer Zeit als Hauptstadtkorrespondentin produziert hat.

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Von unserer Mentee Lisa Westhäußer