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Marlies-Hesse-Nachwuchspreis 2016 für Eva Raisig

Eva Raisig wurde für ihr Stück „Warum Schwule nicht zuhören und Muslime schlecht einparken“ mit dem Marlies-Hesse-Nachwuchspreis 2016 ausgezeichnet.

In ihrem Beitrag, der im Deutschlandradio Kultur gesendet wurde, legt Raisig offen, wie Vorurteile auch gegen unseren Willen wirken und so zu strukturelle Diskriminierung führen. Die Auszeichnung ist mit 1.000 Euro dotiert.

 

Eva Raisig und Andrea Ernst (Foto: Oliver Ziebe)

Eva Raisig und JB-Vorsitzende Andrea Ernst bei der Preisverleihung / Foto: Oliver Ziebe

Die Begründung der Jury

„Typisch!“ entfährt es Eva Raisig innerlich, als sie im Straßenverkehr von einer Frau mit Kopftuch geschnitten wird. Typisch? Dass Frauen schlecht Auto fahren? Oder Muslime rüpelhaft sind? Falls es das ist, was der Autorin in diesem Moment durch den Kopf schießt, zeichnet der Journalistinnenbund in diesem Jahr erstmals eine antifeministische Rassistin aus. Raisig selbst hält sich freilich für das genaue Gegenteil. Klar ist am Ende ihres ausgezeichneten Features „Warum Schwule nicht zuhören und Muslime schlecht einparken“ jedenfalls eines: Über andere Menschen fair zu urteilen, ist anstrengend. Und Vorurteile völlig loszuwerden – geradezu unmöglich.

Die Begebenheit im Straßenverkehr ist der Ausgangspunkt einer Exkursion in die Welt der Vorurteile, die die Zuhörenden schließlich auf sich selbst zurückwirft. Denn diese so unterhaltsame wie aufschlussreiche Radioreise führt direkt ins Innere unseres fortwährend auf Komplexitätsreduktion pochenden Gehirns, das permanent ungefragt Schubladen öffnet und schließt – selbst dann, wenn wir das gar nicht wollen. Gerade diese im Verborgenen wirkenden Stereotype, deren Existenz Eva Raisig nicht nur in Expertengesprächen, sondern auch im Selbstversuch offenlegt, sind es, die Diskriminierung auch in explizit fortschrittlichen Gesellschaften fortschreiben.

Dass komplexe Zusammenhänge wie diese hier nicht nur hör- sondern auch nachvollziehbar werden, ist nicht zuletzt der überaus gelungenen Gestaltung dieser Arbeit zu verdanken. Die Autorin verknüpft wissenschaftliche Erkenntnisse mit ihrem persönlichen Erleben zu einer rundum überzeugenden Erzählung. Dabei lässt sie immer wieder in der dritten Person von sich sprechen und kann so Emotionen benennen, ohne unglaubwürdig zu werden, und die Geschichte mit eigenen Gedanken vorantreiben, ohne das hohe Reflexionsniveau der rationalen Ebene zu verlassen. Für diese reife Leistung und den differenzierten Blick auf uns selbst dankt der Journalistinnenbund Eva Raisig mit dem Marlies-Hesse-Nachwuchspreis und gratuliert ihr aufs Herzlichste.

 

Eva Raisig (Foto: Oliver Ziebe

Eva Raisig / Foto: Oliver Ziebe