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Sonderpreis für Annika Erichsen

Die Jury würdigt im Rahmen des Marlies-Hesse-Nachwuchspreises die freie Feature-Autorin und Regiesseurin Annika Erichsen für das dokumentarische Hörspiel „Drei Schwestern und ein Downsyndrom“, ebenfalls eine Produktion von Deutschlandradio Kultur (2015). Es erzählt vom Einfluss der Behinderung einer Tochter auf die Beziehungsstrukturen der Familie nach innen und außen. Der zweite Platz ist mit 500 Euro dotiert.

 

Annika Erichsen und Andrea Ernst (Foto: Oliver Ziebe)

Annika Erichsen und jb-Vorsitzende Andrea Ernst / Foto: Oliver Ziebe

Die Begründung der Jury

Annika Erichsen schenkt uns einen höchst authentischen und intensiven Einblick in eine Familie mit drei erwachsenen Schwestern (und einem Bruder). In einer knappen Stunde lernen wir alle sechs Mitglieder kennen – die einen mehr, die anderen weniger. Vor allem aber erfahren wir, in welchem intensiven, innigen Beziehungsgeflecht die Schwestern, alle um die 30, zueinander stehen. Dieses Verhältnis wird auch dadurch geprägt, dass Theresa, die jüngste der Schwestern, mit dem Down-Syndrom geboren wurde. Die Familie erlebt sich, so sagt sie es, als dadurch bereichert. Doch so einfach ist es natürlich nicht, schildert die älteste der drei Schwestern: „Alles an meinen Talenten und meinen sozialen Fähigkeiten wird darauf reduziert, dass ich eine behinderte Schwester habe.“
 

Annika Erichsen (Foto: Olvier Ziebe

Annika Erichsen / Foto: Oliver Ziebe

Indem uns Annika Erichsen ganz nah an diese Familie und ihre Verbundenheit heran führt, kommen wir auch ins Nachdenken über unsere eigene. Es geht in dem Stück eben um Familie, egal, wie sie strukturiert ist, und um die Entwicklungsmöglichkeiten aller Beteiligten. Es geht um Respekt und das Schaffen eines Lebens jenseits festgeschriebener Normen. Es erzählt vom Einfluss der Behinderung einer Tochter auf die Familie nach innen und außen.
 

Annika Erichsen (Foto: Olvier Ziebe)

Annika Erichsen / Foto: Oliver Ziebe

Geradezu kunstvoll verwebt Annika Erichsen dabei zwei Erzählebenen: Auf der einen Seite das reale Familienleben und z.B. Theresas Karatetraining. Auf der anderen Seite das biografische Theaterstück, in dem die drei Schwestern sich selbst auf der Bühne spielen, und in dem Theresa diejenige ist, die sich auf der Bühne nackt auszieht. Der Aufbau des Stückes ist der Autorin so virtuos gelungen, dass die Zuhörenden die Geschichte dieser drei Schwestern mit großem Interesse und ästhetischer Freude bis zur letzten Sekunde folgen können. Dieses außergewöhnliche Portrait einer Familie überzeugt durch Inhalt und Form zugleich. Es schöpft alle Mittel der akustischen Bildgebung aus und ermöglicht uns, durch den intensiven Blick in eine andere Welt die eigene neu zu betrachten.