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Pressemitteilung: Herber Rückschlag für Frauen im Kampf um gleiche Bezahlung

Berlin/Köln, 5. Februar 2019

Urteilsverkündung Journalistin Birte Meier gegen das ZDF:
Herber Rückschlag für Frauen im Kampf um gleiche Bezahlung

Nach der Entscheidung vom Dienstag (5.2. 2019) des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg in der Berufungsklage der ZDF-Journalistin Birte Meier gegen ihren Arbeitgeber ist der Journalistinnenbund enttäuscht über das Urteil: „Das ist ein herber Rückschlag im Kampf von Frauen um gleiche Bezahlung. Das Gericht legt die Latte für den Nachweis von Entgeltdiskriminierung unerreichbar hoch”, kommentiert die Vorsitzende des Journalistinnenbundes, Rebecca Beerheide. „Insbesondere Journalistinnen, die in einer Vielzahl von Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, haben mit diesem Urteil kaum Chancen, ihr Recht auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit durchzusetzen”, so Beerheide weiter.

Der Journalistinnenbund setzt darauf, dass auf dem weiteren Rechtsweg, eventuell bis vors Bundesverfassungsgericht oder vor den Europäischen Gerichtshof, Frauen ein vernünftiger Weg eröffnet wird, die im Grundgesetz garantierte Gleichberechtigung zu erlangen.

Außerdem fordert der Journalistinnenbund alle Medienbetriebe – insbesondere die öffentlichen-rechtlichen Rundfunkanstalten – auf, ihre Gehaltsstrukturen selbstkritisch zu überprüfen und so transparent zu machen, dass Gleichstellung sowie Lohntransparenz gewährleistet sind. „Ein derart aufwändiges Klageverfahren, das die Journalistin Birte Meier hier durchstehen musste, kann nicht im Sinne der Medienlandschaft sowie des Gesetzgebers sein”, so die Vorsitzende des Journalistinnenbundes. Der Verband setzt sich in seiner nun fast 32jährigen Geschichte für eine angemessene und ausgewogene Berichterstattung über und von Frauen in den Medien ein.

Zum Hintergrund

Die Klägerin Birte Meier arbeitet als sogenannte „feste Freie“, also arbeitnehmerähnlich, als Redakteurin für das Politmagazin Frontal 21. In Gesprächen mit männlichen Kollegen erfuhr sie, dass diese bei gleicher Tätigkeit mehr verdienten. Die bessere Bezahlung hat das ZDF auch vor Gericht nicht bestritten. Selbst das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg geht in der heutigen Entscheidung davon aus, dass sich die Journalistin sogar mit den Kollegen vergleichen darf, die fest angestellt seien.

Dennoch gesteht es ihr keinen Anspruch auf höhere Bezahlung zu und verpflichtet das ZDF nicht einmal, die Gehälter offenzulegen und zu begründen. Die Indizien für eine Diskriminierung reichten nicht aus, so das Gericht in der mündlichen Urteilsbegründung. Hunderte Seiten Indizien und Berichte über frauenfeindliche Äußerungen waren dem Gericht nicht Anlass genug, überhaupt Zeugen anzuhören. „Diese Schwelle ist viel zu hoch“, erklärt die Equal-Pay-Expertin des Journalistinnenbundes, Angelika Knop, die bei der Urteilsverkündung dabei war. „Für eine genauere Untersuchung reicht der Anschein der Diskriminierung nach deutschem und vor allem europäischem, auch in Deutschland verbindlichem, Recht. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz kennt den Begriff ‚mittelbare Diskriminierung‘. Es ist nicht notwendig, dass böse Absicht dahintersteckt und vor Zeugen geäußert wird”, erläutert Knop.

Außerdem hat das Arbeitsgericht der Redakteurin auch keinen Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz gegeben, weil das Gesetz nicht für freie Mitarbeiterinnen gelte. Das würde rund 13.400 arbeitnehmerähnliche Beschäftigte allein beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom Auskunftsanspruch ausschließen – von den vielen „völlig“ freien Mitarbeitern bei allen Medien gar nicht zu sprechen. „Das Gesetz erweist sich hier also als noch zahnloser als befürchtet”, erklärt Knop.
Auch diese Auslegung entspricht nicht den Vorgaben des Europarechts, erklärt die Gesellschaft für Freiheitsrechte, die die Klage unterstützt.

Zum Punkt der Entgelttransparenz hat das Gericht Revision zugelassen, zu den anderen Punkten nicht. Dagegen kann die Klägerin aber Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. „Der komplette Fall wird also hoffentlich doch noch in höherer Instanz entschieden”, sagt Vorsitzende Beerheide.

Ansprechpartnerinnen

  • Rebecca Beerheide, Vorsitzende Journalistinnenbund: beerheide@journalistinnen.de
  • Angelika Knop, Expertin des Journalistinnenbundes für Equal Pay: 0160 15 55 300

Zum Fall ist auch ein Beitrag im Watch-Salon erschienen, dem Blog des Journalistinnenbundes: https://watch-salon.blogspot.com/2019/02/birte-meier-zdf-equal-pay-berufung-abgewiesen.html