Jeden Monat Eins: Wibke Gerking und Carolin Born

Carolin und Wibke beim ersten Kennenlernen in Essen
Im Gespräch mit Wibke und Carolin fällt eine Gemeinsamkeit schnell auf: Beide begannen ihre journalistische Laufbahn als Lokalreporterinnen bei einer Zeitung und landeten schließlich beim Radio.
Wibke arbeitet seit 6 Jahren als Festangestellte beim WDR und ist die Mentorin in dem Gespann. Carolin ist Mentee und im September nach Brüssel gezogen. Dort wird sie für drei Jahre als Korrespondentin für das Deutschlandradio im Studio Brüssel arbeiten.
Beiden gefiel auch die Zeit als Print-Journalistin gut: “Der sehr direkte Kontakt mit der Bevölkerung ist schon etwas Tolles”, sagt Wibke, “das fehlt mir beim Radio ein bisschen”.
Und auch Carolin denkt gern an die Zeit bei der Main-Post zurück: Sie kommt aus einem kleinen Dorf in Franken und schrieb schon während der Schulzeit für die Lokalredaktion. Für Carolin war also schon früh klar, dass sie in den Journalismus gehen wollte.
“Ich habe eher über Umwege in den Journalismus gefunden”, erzählt Wibke. Zunächst studierte sie Geige. Nach einer kleinen Krise entschloss sie sich im Anschluss Jura in Saarbrücken zu studieren und kam durch eine Kommilitonin zur Saarbrücker Zeitung. Somit schrieb sie erst mit 25 Jahren ihre erste Reportage – über den Weihnachtsmarkt – und fing nach dem ersten Staatsexamen ein Volontariat bei der Zeitung an. “Die Ausbildung hier war super, sehr seriös und ich konnte viel lernen”, erzählt sie.

Carolin Born / Foto: Simon Detel
Carolin hat in Freiburg studiert: Politik und Literatur, im Master Soziologie. Während des Studiums arbeitete sie bei Radio Dreyeckland, ein freies Radio. “Hier gab es viel Platz zum Ausprobieren und Lernen.” Nach ersten Praktika beim SWR und BR folgte ein Volontariat beim Deutschlandradio in Köln und Berlin, gefolgt von einem Jahr im Hauptstadtstudio in Berlin.
Wibke kam zunächst vorübergehend nach Köln, hier arbeitete sie bei der Emma, zog dann aber nach Karlsruhe und kam über eine Weiterbildungsmaßnahme in die Landeskulturredaktion des SWR. “Zunächst natürlich unbezahlt und man sagte mir auch direkt, ich solle mir nicht einbilden, anschließend hier weiterzuarbeiten.” Offensichtlich machte sie aber einen guten Job beim Radio und fand auch Gefallen an der Arbeit. Denn schließlich bot man ihr die freie Mitarbeit doch an. Nach einem Jahrzehnt hier sehnte sie sich danach, mehr mitgestalten zu können und wechselte in die Festanstellung. Bei WDR 3 leitet sie das Team Musik Aktuell.
Carolin wird aus Brüssel vor allem Inhalte rund um die EU liefern, hin und wieder auch Berichte aus Belgien: “Wenn’s gut läuft, dafür muss Zeit sein”. Sie teilt sich die Arbeit vor Ort mit zwei Kolleg:innen und wird dabei für die Spezialgebiete Migrationspolitik, Klimapolitik und Digitalpolitik zuständig sein. “Ich bin gespannt auf die Zeit hier, die Themenschwerpunkte sind super spannend, aber auch sehr umfangreich. Da wird’s bestimmt auch mal knackig.”
Am Radio gefällt den beiden, dass es so ein schnelles und unmittelbares Medium ist. “Mit den Stimmen, O-Tönen und der Atmosphäre zu spielen, ist super”, sagt Wibke.
“Radio kann durch die Stimmen sehr persönlich sein, ohne dass man von einem Bild abgelenkt wird”, findet auch Carolin. Gleichzeitig sieht sie genau hier auch eine große Herausforderung: “Manchmal wünsche ich mir mehr Zeit für Hintergründe”.
Für Wibke ist Radio das ideale Medium, ihre Leidenschaft für Musik in ihren Beruf zu integrieren. Herausfordernd findet sie es allerdings, digitale Ausspielwege für den Bereich der klassischen Musik zu finden. Möglicherweise gehöre dazu auch, das Programm etwas mehr in Richtung Mainstream zu gestalten: “Ich finde es wichtig, dass möglichst viele Menschen etwas von unserem Programm haben”. Das stoße beim mitunter anspruchsvollen Klassik-Publikum aber nicht immer auf erfreute Ohren. Dass die Stimmung sich auch hier schnell aufheizt, hat Wibke erst in diesem Jahr am eigenen Leib erfahren. Im Frühjahr geriet sie in einen Shitstorm. Nach dem Weggang eines Kollegen hatten einige Zeitungen die vorausgegangen Konfliktsituation aufgegriffen: “Der Sachverhalt wurde sehr einseitig dargestellt, ohne je bei mir nachzufragen oder eine Stellungnahme meinerseits einzuholen.” Ihr Tipp für den Umgang mit derartigen Berichten: “Nicht lesen – oder noch besser, wie mein Chef sagte: ‘Nicht mal ignorieren!’” Die viele Hörerpost, die sie damals erreichte, habe sie allerdings beantwortet: „Das war mir wichtig.”

Wibke Gerking
Beim Mentoring-Programm ist Wibke das vierte Mal dabei. Sie findet es spannend, intensiv mit jemandem Jüngeren zu sprechen, zu hören, was die jungen Journalistinnen umtreibt und mitzubekommen, wie Fortschritte im Feminismus aussehen. Für sie ist es toll, hautnah dabei zu sein, wie Carolin ihre neue Stelle in Brüssel antritt.
Im Mentoring-Jahr wünscht Wibke sich zusammen mit Carolin eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie es nach der Stelle in Brüssel für sie weitergehen soll und dann dafür auch einzustehen.
Auch Carolin bestätigt: “Ich fand es gut, dass Wibke mir direkt die Fragen gestellt hat, die vielleicht auch ein bisschen weh tun”. Sie habe angeregt, einen konkreten Plan für die Zeit nach der Stelle in Brüssel zu machen. “Dabei hat sie mich darin bestärkt, mir zu überlegen, was ich machen möchte und die Zukunft nicht unbedarft auf mich zukommen zu lassen”.
“Viele junge Journalistinnen sind, glaube ich, noch viel besser als sie denken”, darin möchte Wibke junge Frauen wie Carolin bestärken und Hilfe, die sie an dem ein oder anderen Punkt ihrer beruflichen Entwicklung bekommen hat, zurückgeben.
Hörproben
Einen Kommentar von Carolin zu Pushbacks an der kroatischen Grenze findet ihr hier. Der Beitrag spiegelt Carolins Arbeit, zumindest an den meisten Tagen, gut wieder:
Außerdem freut sie sich immer, wenn neben der EU-Politik noch Zeit bleibt, darüber zu berichten, was in Brüssel oder Belgien passiert. Hier hat sie über ein Kurzfilmfestival in Brüssel gesprochen:
Deutschlandfunk: Trash Kurzfimfestival / Der mit dem Brot tanzt
Wibke ist am 6. und 7. Dezember zwischen 9 und 12 Uhr das nächste Mal auf WDR 3 zu hören.
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Autorin: Mira Knauf