Grafik Journalistinnenbund

Preisträgerin 2006: Gesine Strempel

Vita

1940:  geboren in Berlin
1959-1966:  Studium der Publizistik, Amerikanistik, Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte
seit 1967:  zunächst festangestellte, später freie Moderatorin, Autorin, Reporterin der Zeitpunkte  Redaktion des SFB / RBB
seit 1975:  Übersetzerin für amerikanische Literatur (u.a. M. French, T.G. Atkinson, M. Atwood)

Aus der Laudatio von Helke Sander

Sehr geehrte Anwesende, liebe Gesine.

Selten war eine Rede so schwer.

Das habe ich vorher nicht gewusst. Ich habe sofort ja gesagt, als man mich fragte, diese Laudatio zu halten. Für Gesine? Immer. Natürlich kann ich sie lobpreisen. Kein Problem.

Es liegt auch nicht an Hedwig Dohm, dass es schwer ist. Wenn man nicht weiter weiss, muss man immer schön zerlegen: das hat sich als gute Methode herausgestellt.

Also: Wer ist Hedwig Dohm, wer Gesine Strempel und was ist ein Preis?

An und für sich könnte ich aus dem Vollen schöpfen: Hedwig Dohm hat ein so reichhaltiges Leben, wie wir schon gehört haben, dass viele Anknüpfungspunkte entstehen. Gerade heute liesse sich wieder vielfältig zitieren aus ihrem ersten Essayband: Was die Pastoren von den Frauen denken. Man würde sich wünschen, Hedwig Dohm würde „Das Bündnis für Erziehung“ der jetzigen Familienministerin heute kommentieren. Oder andere Skandale, zu denen nun wieder Gesine Strempel etwas gesagt hat, wie z.B. zum Prostituierten-Kokain-Skandal von Friedmann oder Immendorf. Dankenswerterweise hält der Journalistinnenverband zusammen mit einzelnen Versprengten die Erinnerung an Dohm und an das, was sie bewirkt hat, hoch.

Die mehrteilige hochgelobte Fernsehserie über Thomas Mann und seine Familie war dazu nicht in der Lage. Da kommt sie eben nicht vor. Nicht mal negativ, indem Th. Mann wenigstens mal am Familientisch im Kreis von Frau und Kindern aus dem Text:.“Little Grandma“ vorlesend gezeigt worden wäre, in dem er – wie Marianne Krüll schreibt, herablassend mild über die Grossmutter seiner Frau, Hedwig Dohm, spottet. Leider wissen wir nichts darüber, wie seine Frau und seine Schwiegermutter Hedwig Pringsheim und seine Kinder diesen Spott gefunden haben.

Vielleicht haben sich die beiden Frauen so verhalten, wie wir es jetzt zähneknirschend oft bei den Jüngeren erleben, die nichts mehr von der Frauenfrage hören wollen. : vielleicht haben sie sich von der alten Dohm distanziert, die ja praktisch erst als ihre Enkeltochter zur Schule kam, mit sechzig Jahren, ihre literarischen Arbeiten anfing.

Insofern, weil es ja zum Sinn einer solchen Veranstaltung gehört, die Preisträgerin mit der Namensgeberin des Preises in Beziehung zu setzen, können wir uns bei Gesine Strempel noch auf etwas gefasst machen.

Es ist vielleicht ein wenig voreilig, sie für ihr Lebenswerk auszuzeichnen, besonders nach der Notiz, die im Mai in der Salzwedeler Volksstimme stand: in San Salvador – so wurde berichtet, feierte man den 128. Geburtstag einer Frau, die, bis sie hundert wurde, noch als Hebamme gearbeitet hat.