Rückblick: jb-Medienlabor zu Frauen im Wirtschaftsjournalismus

Die Gäste des Medienlabors waren Diana Löbl, Dr. Alexandra Borchardt, Christine Gräbe, Inge Kloepfer, Claudia Cornelsen, Elisabeth Behrmann, Annette Jensen (Foto: Corinna Klingler)
Das bisschen Haushalt – wie Journalistinnen über Ökonomie berichten
Im 5. jb-Medienlabor ging es am 8. November 2016 in Frankfurt um Themen von Verbraucherjournalismus bis zu Unternehmensbilanzen.
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Rückblick auf das jb-Medienlabor 2016
Dr. Alexandra Borchardt von der SZ beschreibt Wirtschaft als konkret und faszinierend. Als Politikwissenschaftlerin stelle sie immer zwei Fragen: „Wer hat die Macht? Wer hat die Interessen?“ Für Inge Kloepfer, freie Autorin bei der FAS, stehen die Menschen stärker im Fokus, weniger die Institutionen. „Wirtschaft sind Menschen, die Entscheidungen treffen“, beschreibt sie ihren Blickwinkel.
Angesprochen darauf, dass Unternehmen keiner Auskunftspflicht unterliegen und die Recherche somit schwieriger sei, weitete Elisabeth Behrmann von Bloomberg den Blickwinkel: „Unternehmen existieren nicht allein, sondern im Netzwerk“. So lassen sich andere Wege finden, als allein bei der Geschäftsführung um ein Interview zu bitten. Wobei Diana Löbl, Fernsehautorin, für Frauen besonders einen Vorteil darin sieht, einen besseren Zugang zu Einzelperspektiven zu erhalten. Gar von einer gewissen „Narrenfreiheit“ spricht Annette Jensen, freie Autorin u.a. der taz. „Sie kann als Frau Fragen stellen, die sonst nicht möglich wären“. Ihr Interesse gilt gerade auch Firmen, die nicht nur auf Wachstum ausgerichtet sind, sondern auch die Nachhaltigkeit in den Blick nehmen.
Weder muss sich Wirtschaft also auf Verbraucherjournalismus beschränken, noch sind Firmenporträts anhand von Jahresbilanzen zeitgemäß. Gleichwohl lassen Bilanzen erkennen, wo Firmen Handlungsspielräume haben und sie eventuell nicht nutzen, wie Kloepfer sagt.
Managerinnen sitzen in der Top-Etage und nicht in der Badewanne
In der Keynote von Claudia Cornelsen und Christine Gräbe, beide Parnass GmbH, ging es darum, wie Frauen in der Wirtschaftspresse vorkommen. Sie entlarvten Assoziationen, die mit scheinbar harmlosen, privaten Fragen geweckt werden. Daher forderten sie dazu auf, so über Managerinnen und Manager zu schreiben, dass sie als Menschen präsent sind, ohne sie „nackt“ zu machen. Wie werden Frauen sichtbarer? Oder selbstverständlicher? Dazu müsse der Fokus einer Interviewanfrage so gesetzt werden, dass tatsächlich die Frau mit ihrer Expertise gefragt ist.
Eines wurde deutlich: Frauen interessieren sich für Wirtschaftsjournalismus. Ganz ohne empirische Studie reichte dafür ein Blick in den Saal. Unter den Teilnehmerinnen fanden sich versierte Kolleginnen bis hin zu Studentinnen. Auf dem Podium war ein Argument genannt worden, mit dem Themen in Redaktionen auf Eis gelegt werden: Porträts von Unternehmerinnen und innovativen Frauen seien von geringem Interesse. In den Gesprächsrunden wurde klar, dass dies fadenscheinig ist. Leserinnen begrüßen die Berichterstattung, die auch die Macherinnen und Entscheiderinnen zeigt. Damit bleibt dem Rat von Löbl zu folgen: Hartnäckig bleiben und Themen anbieten! (sfi)
Berichte in der Presse
Menschen machen Medien, 10.11.2016
Dorothee Beck: Alternativen zu männlichen Heldengeschichten (Link)
B5/aktuell BR, 11.11.16
Brigitte Scholtes: Das bisschen Haushalt (Link)
Deutschlandfunk, 12.11.2016
Brigitte Scholtes: Keine weibliche Agenda (link)
Gäste Medienlabor 2016 im Porträt
Gästeliste Medienlabor 2016 (PDF)
Elisabeth Behrmann, Bloomberg

Elisabeth Behrmann (Foto: privat)
Elisabeth Behrmann arbeitet seit 2010 für das Medienunternehmen Bloomberg und war zunächst in Australien tätig. Bevor sie zu Bloomberg kam, arbeitete sie ab 2003 für Dow Jones/ Wall Street Journal. Nach Stationen in London und Sydney, wo sie sich auf den Rohstoffhandel konzentrierte, berichtet sie seit 2014 in München über die Autoindustrie ( BMW, Daimler, Autozulieferer). Sie verfasst Analysen, Nachrichten, Kommentare, interaktive Grafiken und Hintergrundberichte. Sie kommt aus Hamburg, studierte Wirtschaftswissenschaften, Politikwissenschaften und Journalistik und absolvierte anschließend diverse Stationen in britischen, deutschen und französischen Printmedien und TV-Sendern.
Dr. Alexandra Borchardt (Chefin vom Dienst, Süddeutsche Zeitung)

Dr. Alexandra Borchardt (Foto: privat)
Dr. Alexandra Borchardt ist Chefin vom Dienst bei der Süddeutschen Zeitung. Außerdem verantwortet sie dort das SZ-Wirtschaftsmagazin „Plan W – Frauen verändern Wirtschaft“, das sie maßgeblich entwickelt hat. Im Oktober 2015 erschien von ihr die Streitschrift: „Das Internet zwischen Diktatur und Anarchie: Zehn Thesen zur Demokratisierung der digitalen Welt“ (Süddeutsche Zeitung Edition).
Annette Jensen (Wirtschaftsjournalistin für taz u.a.)

Annette Jensen (Foto: privat)
Annette Jensen studierte Germanistik und Politikwissenschaften in Heidelberg und Hamburg. Als freie Journalistin arbeitete sie unter anderem in Barcelona, bis sie 1990 Redakteurin bei der Taz wurde. Dort war sie Fachredakteurin für Wirtschaft und Umwelt. Seit 1998 arbeitet sie als freie Journalistin in Berlin mit Schwerpunkten in der Wirtschaft, Umwelt und zur Transformation der Gesellschaft sowie Arbeitsbedingungen. Artikel für: taz, SZ, FR, Zeit, Futurzwei, Le Monde diplomatique, epd-Sozial u.a.
Das aktuellste ihrer fünf Bücher: „Bruttosozialglück. Wer teilt hat mehr vom Leben“ (zusammen mit Ute Scheub, Oekom-Verlag 2014)
Diana Löbl (Fernsehautorin HR u.a.)

Diana Löbl
Diana Löbl ist freie Fernsehautorin und arbeitet seit 2008 für das Wirtschaftsmagazin Plusminus der ARD. Daneben veröffentlichte sie mehrere Reportagen und Dokumentationen für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Ihre thematischen Schwerpunkte sind Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, oftmals in investigativer Herangehensweise. Diana Löbl wurde mehrfacht ausgezeichnet, u.a. mit dem CIVIS Medienpreis und dem Helmut-Schmidt-Preis für Wirtschaftsjournalismus. Die Mutter von 2 Kindern lebt mir ihrer Familie in Frankfurt.
Inge Kloepfer (Wirtschaftskorrespondentin, FAS u.a.)

Inge Kloepfer (Foto: privat)
Inge Kloepfer wurde im Januar 1992 Mitglied der Wirtschaftsredaktion der F.A.Z. Von 2001 bis 2008 berichtete sie für die Frankfurter Allgemein Sonntagszeitung (F.A.S.) als Wirtschaftskorrespondentin aus Berlin. Seither arbeitet sie als freie Journalistin und weiterhin als Autorin der F.A.S. Darüber hinaus schreibt sie Bücher. Für ihren Bestseller über die Verlegerin Friede Springer wurde sie mit dem Preis des „Wirtschaftsjournalisten des Jahres“ ausgezeichnet. Inge Kloepfer lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Berlin.
Keynote
Die Keynote „Mein Kind, mein Kleid, mein Unternehmen – Managerinnen im Spiegel der Wirtschaftsmedien“ halten Claudia Cornelsen und Christine Gräbe (Parnass GmbH)

Claudia Cornelsen (Foto: Oliver Betke)
Claudia Cornelsen macht gern den ersten Schritt. Ganz gleich ob gegen den Strom oder auf jemanden zu. Sie war jüngste taz-Redakteurin, schrieb den ersten Roman von Robert Musil im 21. Jahrhundert („Der Manager ohne Eigenschaften“) und stand Pate für das Buch „Den eigenen Beruf erfinden“. Das Wort „Mobbing“ fand durch ihr Ghostwriting Eingang in den deutschen Wortschatz. So mancher Führungskraft öffnete sie die Türen von Macht und Verantwortung. Seit 2014 ist sie Geschäftsführerin der Parnass GmbH, Berlin. Heute gilt sie als Pionierin der Personality PR.

Christine Gräbe (Foto: Inga Sommer)
Christine Gräbe berät und unterstützt Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaftspolitik bei der Positionierung in der Öffentlichkeit. Sie entwickelt Strategien und Konzepte, schreibt Artikel und Kolumnen, verfasst Reden und Bücher. Als Literatur- und Buchwissenschaftlerin war sie als Lektorin tätig. Sie war für die Rowohlt-Verlage bereits in der Online-Redaktion, als es noch kaum solche gab. Nach einer Verlagsgründung, einem Ausflug als Beraterin im Öffentlichen Dienst, begann ihre Mitarbeit bei der Parnass GmbH, deren Seniorberaterin Strategie & Text sie heute ist.
Veranstaltungsort
Haus am Dom, Frankfurt am Main
Domplatz 3, 60311 Frankfurt am Main
Der Flyer zur Veranstaltung:
jb-Medienlabor 2016 (PDF)
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