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In Memoriam Marlies Hesse: Sie war die Seele unseres Vereins

Auf der Jahrestagung im Sommer in Freiburg war sie noch fröhlich dabei – so wie bei fast jedem Event, das der jb in all den Jahren veranstaltet hat. Zum 88. Geburtstag hat sie sich über einen großen Blumenstrauß vom Vorstand gefreut. Dann ist Marlies wenige Tage vor Weihnachten böse gestürzt, war lange im Krankenhaus, im neuen Jahr in Kurzzeitpflege und die letzten Tage glücklich wieder zu Hause. Aber die Freude währte nur kurz, am Montagabend, 19.2.2024, ist Marlies gestorben.

„Wir sind traurig und zugleich unendlich dankbar für all die Jahre mit Marlies an unserer Seite. Bis zuletzt schaltete sie sich in die Online-Treffs ein, pflegte den Kontakt mit ‚ihren Preisträgerinnen‘ und war bei den Jahrestagungen dabei. Wir werden ihr Lachen, ihren wachen Geist und ihre Durchsetzungskraft vermissen und die Erinnerung an sie wach halten,“ so jb-Vorsitzende Friederike Sittler.

 

Ältere Frau, umringt von Frauen, die ihr Beifall klatschen

Bei der jb-Jahrestagung 2017 in Frankfurt am Main / Foto: Christian Morgen

jb-Geschäftsführerin und Preisstifterin

Die meisten jb-Mitglieder denken wohl, Marlies sei eine der Gründungsmütter unseres Vereins. Aber sie kam „erst“ ein Jahr später, 1988, dazu. Und engagierte sich dann mit der ihr eigenen Energie; so war sie u.a. verantwortlich für das Global Media Monitoring, an dem sich der jb alle fünf Jahre für Deutschland beteiligt. 1994, als sie beim Deutschlandfunk in Rente ging, übernahm sie ehrenamtlich die Geschäftsstelle des jb in Köln, die sie bis 2010 leitete.

Anfang des neuen Jahrtausends stiftete sie den Nachwuchspreis des jb, zunächst unter dem Titel „Andere Worte – neue Töne“, sie blieb wie immer bescheiden im Hintergrund. 2013 wurde er nach seiner Stifterin umbenannt in „Marlies-Hesse-Nachwuchspreis“. Dem Argument des damaligen jb-Vorstandes, dass so viele Journalismus-Preise nach Männern benannt sind, aber kaum einer nach einer Frau, konnte sie sich nicht entziehen! Den Nachwuchspreis wird es selbstverständlich in memoriam auch weiterhin geben.

Mit Nachdruck für Frauen in den Medien

Dass die Förderung des Nachwuchses Marlies besonders am Herzen lag, haben über 20 Preisträgerinnen in all den Jahren sehr persönlich erfahren. Sie hielt den Kontakt, nahm Anteil an Karriere und Familiengründung, war neugierig und ansprechbar. Schon als Redakteurin im Deutschlandfunk, für den sie 30 Jahre lang arbeitete, kümmerte sie sich um das Thema Nachwuchs, entwickelte Konzepte für die journalistische Ausbildung bei ARD und ZDF und den Aufbau der Zentralen Fortbildung Programm (ZFP).

Sie selbst war meist die einzige Frau unter lauter Männern, in der Pressestelle und in der Intendanz des DLF. Sie sei immer von Männern gefördert worden, betonte Marlies selbst, hielt sich aber meist im Hintergrund. So dauerte es einige Zeit, bis sie realisierte, dass Frauen in den Medien nicht vorankommen, weil sie Frauen sind, und dass das ein strukturelles Problem ist. Umso vehementer engagierte sie sich dann für Frauen, bis zuletzt.

Hedwig-Dohm-Urkunde und Bundesverdienstkreuz

2003 verlieh der jb Marlies Hesse die Hedwig-Dohm-Urkunde; sie selbst sagt, diese Auszeichnung sei ihr wichtiger gewesen als das Bundesverdienstkreuz am Bande, das sie im gleichen Jahr bekam. „Marlies ist keine Agitatorin, sondern Marlies ist eine Chronistin. Und sie ist keine Ideologin, sondern eine Pragmatikerin … Sie gibt, was sie hat für die Sache der Frauen: Zeit, Energie und Bares, Herzenswärme und Freundschaft – und das alles mit verschwenderischer Begeisterung, der stets ein realistisches Augenmaß eigen ist“, so treffend beschrieb jb-Mitglied Gaby Dewald sie in ihrer Laudatio. Wir werden sie als fröhlichen, zugewandten, engagierten Menschen in Erinnerung behalten. Sie wird dem jb sehr fehlen.

 

Mehr über Marlies Hesse

  • Kölner Frauengeschichtsverein – Interview mit Marlies Hesse, bei Min. 9:55 berichtet sie über ihren begeisterten Beitritt zum Journalistinnenbund
    YouTube, 25.10.2021 (25 Min.)
  • „Frauen im Journalismus. Ich war eine Alibifrau“, Interview von Simone Schmollak
    taz, 9.3.2019
  • „Arbeiten im Ruhestand: Wer Karriere gemacht hat, fühlt sich im Alter einsam“, Interview von Tina Groll
    Die ZEIT, 14.9.2010
  • „Ein gutes Förderinstrument“, Interview von Birgitta M. Schulte mit der Stifterin des Marlies-Hesse-Nachwuchspreises
    → 2.7.2012
  • „Was die jungen Journalistinnen gegenwärtig bewegt“, Marlies Hesse schreibt im jb-Blog „Watchsalon“ über ihr Engagement für den Nachwuchspreis
    17.2.2021

Laudatio
„Marlies ist eine Agitatorin, sondern Marlies ist eine Chronistin. Und sie ist keine Ideologin, sondern eine Pragmatikerin.“ Laudatio von Gaby Dewald zur Verleihung der Hedwig-Dohm-Urkunde
jb-Jahrestagung in Herne, 2003

Nachruf
„Marlies Hesse ist gestorben“, persönliche Würdigung der dju-Bundesvorsitzenden Tina Groll
Menschen.Machen.Medien, 26.2.2024

 

Abschied von Marlies Hesse

„Irgendwie dachte ich, Marlies sei unsterblich.“ Den Satz habe ich mehrfach gehört, als wir die langjährige Geschäftsführerin des jb am 21. März in Köln-Sürth verabschiedeten. Und doch ist sie tot und vielen, die gekommen waren, ging das sichtlich sehr nahe.

Ein evangelischer Gottesdienst, ein Fahrt zum Friedhof, wo Marlies‘ Urne zu Füßen einer schon zart ergrünten Weide in die Erde gelassen wurde und ein anschließendes Zusammensein im Sürther Gemeindezentrum war trotzdem getragen von der Grundstimmung, die Marlies stets um sich herum verbreitete: einer positiven, ja heiteren und aneinander interessierten Zugewandtheit unter den vielen, die sich teilweise schon lange nicht mehr gesehen hatten. Wie auch anders: Der Raum, in dem wir uns schließlich versammelten, war geschmückt mit großen Fotos, die Marlies in verschiedenen Lebensaltern und Situationen zeigten und zwar: vor allem lachend und stets umringt von anderen Frauen und Kolleginnen. „Du hattest, was viele nicht haben: Neidlose Freude an den Erfolgen anderer Frauen“, hieß es in einer der Abschiedsreden. „Du hast durch deine herzenswarme Art und deinen unermüdliche Einsatz unendlich viele Freundinnen gewonnen und etliche von uns gleich Töchtern um dich versammelt.“ Der Abschied von Marlies spiegelte dies wider. Danke Marlies.

Gabi Dewald

Gedenkfeier für die langjährige jb-Geschäftsführerin am 21.3.2024: Im Gemeindezentrum in Köln-Sürth kamen nach der Beerdigung alle, die sie so gut kannten, noch einmal zusammen. Gabi Dewald hatte den Raum mit zahlreichen Bildern von Marlies Hesse geschmückt.

 

→ Siehe auch: Gedenkfeier am Ehrengrab von Hedwig Dohm in Berlin am 22.9.2024

In Erinnerung an Marlies Hesse – ein Bilderbogen

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Fotos
bei den jb-Jahrestagungen von:

Sévérine Kpoti, 2023
Catrin Bach, 2022
Alexandra Roth, 2021
Susan Paufler, 2020, 2018
Henning Schacht, 2019
Frauke Langguth, 2017, 2008
Christian Morgen, 2017
Oliver Ziebe, 2016
Julia Hieltscher, 2015
Eva Hehemann, 2015, 2012

und bei anderen Gelegenheiten:
Elisabeth Stiefel, Sabine Göb, Frauke Langguth uvm.